Muschel am Strand
Ein Spaziergänger am Strand fand eines Tages eine Muschel dort liegen, die hell aus dem Sand hervorblinzelte. Fast wäre er auf sie getreten.
Er war fasziniert von ihrem perlmuttenen Schimmer. Er steckte sie in seine Tasche und lief weiter...er sah noch viele schöne Dinge dort am Strand, das Ein oder Andere hob er ebenfalls auf. Und nahm es mit oder warf es wieder auf den Sand...nach ein paar Tagen räumte er sein Sammelsurium in den Taschen auf, erblickte noch einmal die Muschel und dachte sich, eine ganz gewöhnliche Muschel, wie viele 1000 andere auch....ich kann noch so viele haben und warf sie weg.
So vergingen die Jahre der einsame Strandgänger blieb gedankenverloren wandernd an seinem altbekannten Strand.
Eines Tages sah er eine Einladung zu einer Ausstellung mit wertvollen Exponaten der Erde.
Er dachte sich na gut, ein bisschen Abwechslung tut gut.
Am nächsten Morgen ging er in die Ausstellung, da waren seltsame Kugelfische zu sehen, riesige Schwertfische, allerlei polynesische Schrumpfköpfe, wertvolle Fundstücke aus den Tiefen und Untiefen der Meere, die einst mutige Seefahrer den Sturmfluten des Ozeans opfern mussten...So kam er dann ans Ende des Ganges und sah von Weitem eine kleine Vitrine leuchten. Er näherte sich langsam und erblickte eine wunderschöne grünirisierend leuchtende, ebenmässig runde Perle...Daneben lag ihre Schale und ein kleiner Schriftzug:
"In manch unscheinbarer Hülle verbirgt sich ein Juwel von unschätzbarem Wert.
Wer alles mit seinem Herzen wiege, dem mögen sich die Wunder der Welt öffnen."
Als er dies gelesen hatte, formte sich eine grosse Welle der Trauer in seinem Innersten, die sich zu einer dicken salzigen Tränenperle in seinem linken Auge formte und fast mit einem kleinen Plitsch auf den harten Fliesenboden zerschellte...
Es liefen dann die Perlentränen hinunter in seine Brust, die nur von innen und von aussen brannte wie eine offene Wunde. Gesenkten Hauptes und langsamen Schrittes verliess er die Ausstellung, und spürte: Nun gehört sie allen Betrachtern...
Er ging wieder zu seinem einzig geliebten Ort an seinen Strand, wo er schon von Ferne die Wellen rauschen und an der Felsküste zerbersten hörte.
Er dachte sich: "Vielleicht gibt mir das Meer etwas Trost."
So lief er und lauschte den Wellen, ob sie denn sprechen würden zu ihm...
die Welle kommt, die Welle geht,
dein Atem kommt, dein Atem geht,
die Sonne kommt, die Sonne geht,
der Tag vergeht, und die Nacht bricht ein,
du hebst etwas auf, du lässt es wieder fallen,
du entscheidest dich für etwas und gleichzeitig gegen etwas,
du nimmst auf, du stösst weg,
du bist gut und du bist böse,
du nimmst und du gibst,
nun lieber Wanderer, gibst du mir deine salzigen Tränen zurück,
deine Tränen und mein Wasser sind nun Eins geworden
und mag dein Schmerz über dies achtlos nicht entdeckte Juwel niemals enden mögen,
da es in seiner Art einzigartig und unwiederbringlich ist,
so sind nun wir eins,
ich, die ich gebe und nehme,
und du, der du nimmst und gibst.
Ana María López-2.7.18
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