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Die 6 weissen Federn
Es waren einmal 6 weisse Federn, die wurden in alle Winde verstreut. Doch einst krönten sie das Haupt eines mächtigen Vogels.
Die erste Feder flog gen Westen und landete im Bettchen eines Neugeborenen. Sie schmiegte sich an die zarte Wange des Kleinen.
Seine liebevolle Mama hängte sie vorsichtig an das Mobile über seinem Bettchen.
Die zweite Feder flog gen Norden und landete auf dem Haupt einer sehr alten weisen Frau mit silberlockten weissen Haar und seiden schimmernden Teint, ihre Schönheit war alterlos. Sie dämmerte gerade auf ihrem Lieblingsschemel vor sich hin in Erinnerung an wundervolle Zeiten. Sie nahm lächelnd die Feder und steckte sie in ihr wunderschönes Haargeflecht.
Die dritte Feder flog gen Osten und landete vor dem Schoss auf dem Rücken eines kräftigen schwarzbraunen Hengstes mit seinem prächtigfürstlichen Reiter.
Die vierte Feder schwebte und schwebte und schwebte und landete tief tief tief in der Saharawüste auf dem warmen Sand der untergehenden Sonne, wo die Beduinenvölker Zelte ihr Heim nennen.
Am nächsten Morgen ganz in der Früh, wenn die Sonne noch nicht sticht, ging eine wunderschöne junge Frau in ihrem langen schlichten wehenden Gewand mit verhüllten Gesicht und tiefnachtschwarzen funkelnden Augen auf einen kleinen Morgenspaziergang und fand die wundersame Feder, die sie nicht einem bekannten Vogel zuordnen konnte und freute sich an ihrem rätselhaften Geschenk.
Die fünfte Feder flog und flog und flog und flog immer höher und weiter und landete hoch oben in einer grossen Wolke am Portal zum Himmelsgott. Und wie es so üblich ist mit Portalen, gab es dort zwei Engel, die erstaunt zur Feder blickten. Nun ja, was tun wir hier mit dieser Feder? Sie hatten ja selbst genug Federkleid. Nun ja wir hängen sie ins Portal zum himmlischen Vater als ein letztbes Streicheln aus der sichtbaren Welt.
Nun werdet ihr euch schon sicher neugierig fragen, was mit der 6. FEDER geschah?Die 6. Feder taumelte und sank und sank und sank und sank bis sie auf einem tiefen nachtblauen See fiel.
Dort schnappte ein fetter Karpfen nach ihr in der Hoffnung auf fette Beute.
Doch diese bekam ihm nicht und der Krapfen strampelte und würgte und zappelte, da die Feder seine Kiemen verstopfte und er verstarb.
Ein einsamer alter Fischersmann sah den Todeskampf und eilte mit seinem kleinen Boot her zu.
Da er schon 3 Tage keinen Fisch mehr gefangen hatte, war er überglücklich. Und brachte ihn zu seiner Frau an den Herd.
Dieser fette Karpfen gibt ein feines Festessen und wir laden noch ein paar hungrige Mäuler ein.
Es gab noch einige Kartoffeln und Zwiebeln in diesem eisigen Winter und tatsächlich wurde das ganze Dorf satt an dem festlichen Mahl und sie feierten hernach bis tief in die Nacht fröhlich an dem warmen Feuer...Und zum Schluss zeigte die Frau des Fischers die wundervolle Feder, die ihnen ein reiches Mal beschert hatte. Als Dank an die Meeresgöttin Ulamsequina, die über das Leben und den Tod wachte an diesem Ort der Erde, brachten sie gemeinsam die Feder der Göttin zum Opfer.
Eines Tages als der kleine Bub aus der Wiege des Westens schon gross war und so ein rechter Abenteurer ward, entschied er sich auf Weltreise zu gehen und nach vielen Jahren Wanderschaft landete er im Dorf der Göttin Ulamquesina. Und wanderte um den sagenumwobenen nachtblauen See. Er gelangte an den Altar der Göttin und konnte nicht widerstehen, der Göttin ihre Feder zu stibitzen. Nun ritt er gen Osten und traf auf den fürstlichen Reiter, der schon in die Jahre gekommen war. Und dieser forsche junge Mann war nicht nur ein Abenteurer, sondern hatte auch in sich den Drang zu erobern und reich und berühmt zu werden. So forderte er den fürstlichen Herrscher des Reitervolkes zu einem Kampf zu Pferde auf.
Und ihr könnt es schon erahnen, wer diesen Kampf gewann? Bevor er ihn töten konnte, sprach der Unterlegene: Bitte lasst mich am Leben und ich gebe euch meine Nichte zur Frau und mein Reich. Denn Eure Kraft und Mut soll belohnt werden. Ich werde Euch mit meinem weisen Rat zur Seite stehen und nahm in diesem Moment seine Feder aus der Brusttasche. Dies erweichte das Herz des tapferen Jünglings. Und so liess er von ihm ab.
Nun mein starker Krieger, meine Nichte lebt am anderen Ende der Welt in der Wüste Sahara unter den Beduinen. Es wird ein langer mühsamer Weg zu ihr hin. Die Wochen und Monate zogen sich und er kam an seine Grenzen und er wusste nicht einmal, ob sie ihm gefallen würde. Denn er kannte ja nur ihren Namen und die Beschreibung ihres Onkels. Doch mit seinem Weg wuchs die Sehnsucht und machte sein Herz immer stärker.
Eines Nachts träumte er schon inmitten der Wüste angekommen, von dem hohen Norden und tiefem Schnee und silbernen Landschaften und im Traum begegnete ihm die alte weise Frau mit der 5. Feder im Haargeflecht. Und sie war so sanft und durchdringend zugleich mir ihrem Gesang, das er sich am nächsten Morgen wieder aufmachte endlich seine versprochene Frau zu finden. Er kam zu dem Beduinenstamm, doch die junge Frau war stolz und stark. Sie sagte: Du darfst mir näher kommen, wenn du mir das Rätsel dieser Feder löst. Der Junge Mann schwankte und es wurd ihm ganz schummrig. Auch sie trug die wundersame Feder.
Wo sollte er beginnen? Wer könnte ihm weiter helfen? Er war doch selbst gerade frisch geboren als seine Feder seine Wange streichelte...Sehr entmutigt ging er von dannen und irrte tagelang und wochenlang in der Wüste umher und fand weder Schlaf noch Trost.
Doch dann völlig ausgezehrt und entkräftet fiel er in einen traumlosen Traum. Von Weitem aber erklang der Gesang der alten weisen Frau aus dem hohen Norden und sie sang ihm ein Wiegenlied....Und dann begann er zu träumen...
In seiner Traumvision flogen die Federn eine nach der anderen zurück zu dem wundersamen Vogel. Zunächst erkannte er nur schemenhaft die Augen und danach bewegte sich der Kopf. Der Vogel war weiss wie das Haar der alten Weisen.
Ich bin die reine Unschuld deines Herzens. Ich bin, wo du dich findest in deinem unverletzbaren reinen Selbst. Nur in dieser reinen Ehrfurcht kannst du die Heilige Hochzeit mit der Frau, die Göttin zugleich ist, zelebrieren und meinen Geist mit ihr gemeinsam in die Welt gebären. Ich war der letzte meiner Art. Denn ihr Menschen habt meinen Lebensraum ausgelöscht und mit ihm den Zugang zu Eurer reinen Unschuld. Nun habe ich euch eine Prüfung gegeben, ob ihr meiner Kraft euch würdig erweisen könnt. Du findest zu deiner Angetrauten. Und singe ihr das Lied. So ging er zurück und er war wahrlich kein Sänger...Doch er trug nun in seinem Herzen das Geschenk des Weißen Pfaus. Und sein Gesang erreichte ihr Herz und mit seinem Gesang wurde ihr stolzes Herz weich und sanft. Und sie erkannte ihn als ihrer würdig.
Sie machten sich nun auf die große Reise, um Hochzeit zu feiern in den tiefen wilden Osten beim Reich des Reitervolks. So lebten sie ein glückliches langes Leben und hatten viele Kinder. Als sie starben stiegen die weissen Federn hinauf in den hohen Norden zu der alterlosen weisen Frau und die Federn fügten sich ein in ihr wundervolles Haargeflecht.
Und noch heute erzählen sich die Menschen: Wenn du eine weisse Feder findest, mag sie der reinen Unschuld deines Herzens entspringen.
Eideen Ana , 7.12.2020